Header
26.01.2017

Richtungsweisendes Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte: Leihmutterschaft ist Menschenhandel und begründet keine Familie

Das Große Kammergericht stellt klar: elterliche Bande müssen nicht anerkannt werden, wenn eine biologische Verbindung zwischen Eltern und Kind nicht vorliegt. Das Argument des Kindesrechts kann nicht missbraucht werden, um nachträglich die verbotene Prozedur der Leihmutterschaft zu legitimieren. Kein Artikel der Europäischen Menschenrechtskonvention begründet ein "Recht auf ein Kind" für Erwachsene.

Am 24.01.17 hat die Große Kammer des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte entschieden, dass "die Entfernung eines Kindes durch die Behörden, das durch gestationale Leihmutterschaft geboren wurde und wo keine biologische Bindung zu den Wunscheltern vorliegt, nicht gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstößt". Dies teilte die "Föderation der katholischen Familienverbände in Europa – FAFCE" in einer Presseaussendung am 25.01.17 mit. Das bahnbrechende Urteil stärkt demnach den Schutz von Kindern, die durch Leihmutterschaft geboren wurden und Menschenhandel zu unterbinden hilft.

Zum Sachverhalt

Im zu beurteilenden Fall schloss ein italienisches Ehepaar 2011 einen Leihmutterschaftsvertrag in Russland ab. Das Kind, das auf der Basis dieser Vereinbarung geboren wurde, hatte keine biologischen Bindungen mit seinen Wunscheltern. Das Ehepaar brachte das Kind mit einer gefälschten Geburtsurkunde nach Italien, wo man die italienischen Behörden aufforderte, das Kind als ihr Kind zu anzuerkennen. Der Antrag wurde von den Behörden abgelehnt, die das Baby unter Vormundschaft stellten. Später wurde das Kind von einem anderen Paar adoptiert. Das Ehepaar, das für die Leihmutterschaftsvereinbarung verantwortlich war, brachte den Fall vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Der hat nunmehr entschieden, dass Italien die Europäische Menschenrechtskonvention nicht verletzt hat.

Der Gerichtshof folgt der Auffassung, dass - da keine biologische Verbindung zum Kind vorliegt - der Staat nicht verpflichtet ist, die legale Abstammung bei Leihmutterschaftsvereinbarungen anzuerkennen. Außerdem erklärte der Gerichtshof, dass der Zweck nicht die Mittel heiligt: ein durch Leihmutterschaft gekauftes Kind kann auch deswegen nicht anerkannt werden, weil dadurch die nationalstaatlich verbotene Prozedur der Leihmutterschaft nachträglich legitimiert werden würde.

FAFCE begrüßt Entscheidung

FAFCE begrüßte diese Entscheidung, die den Schutz von Kindern stärkt und ein deutliches Signal gegen Leihmutterschaft und Menschenhandel ist. "Es ist sehr positiv, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte mit diesem Urteil das Recht des Staates anerkannt, Leihmutterschaftsvereinbarungen nicht zu legitimieren. Das Urteil bestätigt die Notwendigkeit, die Rechte von Kindern, die auf der Basis von Leihmutterschaftsvereinbarungen geboren werden, zu verteidigen und die derzeit existierende Grauzone zu einem vermeintlichen "Recht auf ein Kind" zu stoppen", sagte FAFCE-Präsident Antoine Renard.

Der Zusammenhang von Leihmutterschaft und Menschenhandel wird mit der "ergänzenden Stellungnahme" des russischen Richters Dmitry Dedov unterfüttert, die lautet: "Menschenhandel geht Hand in Hand mit Leihmutterschaftsvereinbarungen. Die Tatsachen im vorliegenden Fall zeigen eindeutig, wie leicht es ist, Menschenhandel formell als eine Leihmutterschaftsvereinbarung hinzustellen. Das Phänomen der Leihmutterschaft selbst kann sich als sehr gefährlich für das Wohlergehen der Gesellschaft erweisen. Ich verweise nicht auf die Kommerzialisierung von Leihmutterschaft, sondern auf jede Form von Leihmutterschaft."

FAFCE lobte die italienischen Behörden, die die Große Kammer des Europäischen Gerichtshofes in dieser sensiblen Angelegenheit angerufen haben. Der Gerichtshof bestätigt mit seinem Urteil, dass der italienische Gesetzgeber versucht hat, Kinder vor illegalen Praktiken zu schützen, die unter den Begriff Menschenhandel fallen. Im vorliegenden Fall durch das Verbot der privaten Adoption, die auf der Basis eines Vertrages von Einzelpersonen zustande kommen sollte und durch die Beschränkung des Rechts von Adoptionseltern, ausländische Minderjährige nach Italien zu bringen, wo internationale Adoptionsvorschriften eingehalten werden.

Dieses Urteil folgt der Ablehnung eines Berichts in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates, der bei Zustimmung die Tür zur Anerkennung von Leihmutterschaft geöffnet hätte. Es gibt viele europäische Staaten, die Leihmutterschaft verbieten und viele, die bereit sind, diese Praxis zu beschränken.

„Das heutige Urteil ist uns Ermutigung, den Kampf gegen Leihmutterschaft fortzusetzen, denn diese Praxis geht automatisch mit Menschenhandel und Ausbeutung einher“, heißt es abschließend in der Pressemitteilung.

Ergänzende Informationen:

PDF Analyse zum Urteil zur Leihmutterschaft von ADFinternational.org
8 Seiten im PDF-Format vom 24.01.17

Grand Chamber Judgment Paradiso and Campanelli v. Italy - removal by the authorities of a child born from a gestational surrogacy arrangement
The authorities’ removal of a child born from gestational surrogacy who had no biological ties to the intended parents was not contrary to the European Convention on Human Rights
In today’s Grand Chamber judgment1 in the case of Paradiso and Campanelli v. Italy (application no. 25358/12) the European Court of Human Rights held, by eleven votes to six, that there had been: no violation of Article 8 (right to respect for private and family life) of the European Convention on Human Rights.
Pressrelease European Court of Human Rights 24.01.17